Seifenkiste nach DSKD Norm für wenig Euro -> kann bis zur Weltmeisterschaft gefahren werden
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Schwierigkeitmittel
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Kosten200 €
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DauerMehr als 4 Tage
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Öffentliche Wertung
Diese Beschreibung soll zeigen, wie man mit wenig Geld an ein Wettbewerbsfahrzeug kommt.
Ich selbst bin seit Jahren in Baden-Württemberg (BaWü) im Seifenkistenkistenverband aktiv. Meine Kinder haben viele BaWü Meistertitel, auch Podiumsplatz in der Deutschen oder Weltmeisterschaft (Vize 2017) wurden mit den Kisten (Stand 2021 - hab ich 15 Stück gebaut, die 16. steht in der Warteschlange [nach dieser]) herausgefahren. Dieses Wissen will ich teilen, da ich den Seifenkistensport als schönes Familienerlebnis kennengelent habe.
Mit dieser hier vorgestellten Seifenkiste kann man bei allen DSKD Rennen Weltweit teil nehmen. In BaWü darf ab 7 Jahren, in der restlichen Welt ab 8 Jahren gefahren werden. Dabei ist es so definiert, in dem Jahr, wo das Kind das 7. bzw. 8. Lebensjahr erreicht.
Rennen findet man beim regionalen Verband. Dieser kann z. B. auch bei der Dachorganisation angefragt werden. Hier ein paar Adressen:
www.seifenkistenverband-bw.de
www.DSKD.org
www.seifenkisten-nrw.de
www.austria-seifenkiste.at
Auf der Seite vom Seifenkistenverband BW kann man sich Pläne und Bauvorschriften runter laden. Es besteht auch die Möglichkeit sich ein Ausdruck 1:1 zusenden zu lassen. Dann muss man nicht messen.
Wenn die Kiste im Wettbewerb gefahren ist und einige Podiumsplätze eingefahren hat ist so eine Kiste anschließend mehrere hundert Euro Wert.
Das was das Vorgeplänkel, jetzt geht's los
Du brauchst
- Akku-Bohrschrauber
- Übliches Holzwerkzeug
- 1 x gebrauchte Seifenkiste nach DSKD Norm | Bausatz
- 1 x Holzbauteile ersetzen je nach Zustand | Holz, gewachsen, (Massivholz, Multiplex o.ä) KEINE Spanplatte, MDF usw.
Los geht's - Schritt für Schritt
Günstige Basis finden
Es wurden auf diversen Online Handelsplattformen nach alten, gebrauchten Juniorseifenkisten Ausschau gehalten. Die günstigen gehen für so circa 100€ über die Bühne und sind haben einen entsprechenden Zustand. Genau solche suchen wir. Wichtig bei der Suche. Es muss eine Junior-Seifenkiste nach DSKD Norm sein. Das steht in der Regel dabei.
Was kann man verwenden?
Die Basis, bzw. was kann man verwenden.
Seifenkisten der Bauart „Juniorklasse“ werden seit Ihrer Einführung nahezu identisch aufgebaut. Das Regelwerk hat sich nur im Detail geändert. D. h. man kann, egal wie alt die Seifenkiste ist, immer folgende Komponenten verwerten:
Weiteres Material
• Deckplatte, Multiplex, 1 Teil, 4,5mm Dicke
• diverse Beschläge
Das Konzept
Die Schlachtung
Die Seifenkiste wird in meinen kleinen Keller verfrachtet und erst mal zerlegt. Da bei der Kiste der Erbauer die Karosse nur mit Flügelschrauben auf das Bodenbrett befestigt hat, war die Karosse schnell vom Bodenbrett getrennt. (Alte Bauart).
Empfohlenes Werkzeug:
• Multitool
• Hammer
• Stecheisen
• Satz Schraubenschlüssel
• Böcke
Die Bauteile
Karosse zerlegen
Befestigung
Vorteil:
• Kann mit den mitgelieferten Schrauben ausgeführt werden
• Einfache Kontrollmöglichkeit, ob Schraube noch fest ist.
• Günstige Befestigung
Nachteil:
• Schrauben schauen unten raus. Hohe Beschädigungs- und Verletzungsgefahr.
Ist eine Stufe besser als Variante a), jedoch Prinzipbedingt identische Vor- und Nachteile.
c. Schraube (DIN 603 / ISO 8677) von unten nach oben
Vorteil:
• Bündiger Abschluss des Bodenbrettes mit Schraube
• Günstige Befestigung
Nachteil:
• Wenn der eingeschlagene 4Kant mal durch dreht (was sehr schnell gehen kann), ist es nur mit hohem Aufwand möglich die Schraube zu entfernen. Tipp: Wenn man sich für diese Methode entscheidet, mit der Eisensäge vor dem Einsetzen in den Kopf einen Längsschlitz einsägen, so dass man im Zweifelsfall mit einem Schraubendreher, flach, ein Gegenmoment erzeugen kann. Im eingebauten Zustand ist das oft nicht mehr möglich.
Befestigung II
d. Möbelkorpus Schrauben
Ähnlich DIN 603 Schrauben, nur mit dem Vorteil, dass der Schlitz / Antrieb schon drin ist.
Vorteil:
• Keine vorstehenden Bauteile
• Günstige Befestigung
• Nahezu ideale Befestigung
Nachteil:
• Es ist etwas fummelig, von oben und unten gleichzeitig die Schrauben zu halten / drehen. Unbedingt schauen, dass man welche mit Innen 6Kant oder Torx bekommt. Das verbessert das etwas.
e. Gewindemuffe einsetzen
Vorteil:
• Keine vorstehenden Bauteile
• Günstige Befestigung
Nachteil:
• Es kann keine allzu große Kraft aufgebracht werden, wenn man die metrische Schraube anzieht. Tipp: Man kann die Gewindemuffe mit Epoxidharz oder PU Kleber (kein Weiss-/Holzleim! – das hält nicht wirklich - ) in das Holz zusätzlich einkleben. Damit erhöht man die Anzugskräfte.
Vorteil:
• Keine vorstehenden Bauteile
• Günstige Befestigung
Nachteil:
• Bei weichem Holz wie Fichte oder Kiefer ist diese Methode nicht schlecht. Bei härteren Hölzern (Meranti, Buche usw.) oder Multiplex Platten verbiegen sich die Haken beim ein schlagen. Tipp: bei härteren Hölzern mit einem kleinen Bohrer die Hakenlöcher vor bohren.
• Das Gewinde ist nur ein Blechformteil. Da hat man schnell die Schraube mal falsch angesetzt und das Gewinde ist kaputt.
• Wenn die Mutter nicht korrekt eingeschlagen ist (was man schlecht kontrollieren kann) dreht sich die Mutter schnell mit durch.
Vorteil:
• Keine vorstehenden Bauteile
• Stabilste aller Verbindungssysteme
Nachteil:
• Zwar die stabilste Methode aber auch die teuerste Variante. Ein Verbinder kostet so ca. 30 Cent.
Da ich eine dicke Bodenplatte gewählt habe, findet keine Schwächung der Bodenplatte statt. Durch die zusätzliche Multiplex Platte ist die Verbindung von unten perfekt abgedeckt. Einziger Nachteil, sollte am Gewinde tatsächlich mal was sein, so kann man diese Variante nur unter sehr hohem Aufwand ausbauen.
Bodenplatte
Man sieht der Bodenplatte an, dass der Zahn der Zeit genagt hat. Die Decklagen haben Risse, die Kanten sind ausgefranzt. Das Gute an der Basiskiste ist, dass es die größte Bauart ist. D. h. die Breite ist mi 430 mm sehr breit. Da die neue Kiste für kleinere Kinder sein soll wurde ein kleineres Maß gewählt. Mit 380 mm in der Breite ist die Kiste im Mittelfeld, so dass evtl. auch mal größere Kinder darin Platz finden können.
Hier ein noch eine Anmerkung zur Aerodynamik: Nach meiner Erfahrung macht es absolut nichts aus, wenn die Kiste etwas höher / breiter ist, da die Grundform von vorn eine Parabolika ist, welche von Haus aus eine gute Aerodynamik bietet. Das Dreieck hinten ist so abgewinkelt, dass es eh immer Verwirbelungen gibt. Daher sollte sich das Maß am Kind orientieren und nicht an der Aerodynamik.
Des weiteren werden die meisten Rennen so ausgelegt, dass der Großteil der Streckenabschnitte bei Geschwindigkeiten unterhalb 30 km/h statt finden. Erst in den letzten Abschnitten werden höhere Geschwindigkeiten gefahren. Man sagt, bis 30 km/h ist der Rollwiderstand höher als der Luftwiderstand. Daher ist eine gute Kiste mechanisch gut aufgestellt um den Rollwiderstand zu minimieren.
Bodenplatte aufarbeiten
Als erstes werden die vorhandenen Befestigungsbohrungen kontrolliert, ob diese für die neue Kiste übernommen werden können.
Mit einer Säge habe ich dann die Überstände dann bündig abgeschnitten.
Maßkontrolle
Vor dem nächsten Arbeitsschritt wurden alle Maße wieder kontrolliert, indem die Bauteile temporär aufgeschraubt wurden.
Neue Deckplatten aufbringen
2. Die obere Multiplexplatte auf die Oberseite mit 4 Spax aufgeschraubt. So wie diese ganz zum Schluss aufgeleimt werden soll.
3. Markierungen übertragen
Bodenbrett formatieren
Die Maße / Maßkette hab ich in 100 mm Schritten vor genommen. Dann auf die Multiplexplatte übertragen.
Ich habe das Programm Fusion360 benutzt, welches (Stand heute, Juni/2021) kostenfrei für Hobbyisten benutzt werden darf. Alternativ kann man es auch z. B. mit Inkscape, FreeCAD oder LibreCAD machen. Alle 3 genannten Programme sind OpenSource und damit auch zukünftig kostenlos.
Wer keine CAD Kenntnisse hat kann auch einfach eine dünne Holzleiste nehmen und diese entsprechen biegen. Dann die erzeugte Geometrie mit einem Bleistift auf das Holzbrett übertragen. Geht auch ganz gut.
Der hintere Teil ist ja ein Dreieck. Das kann einfach mit einem langen Lineal angezeichnet werden.
Verleimen der Holzplatten
Aufbau der Karosse
Jetzt geht’s an die Karosse. Da hier auch so viel als möglich vorhandene Teile wieder verwendet werden sollten, wird es etwas zeitaufwändiger. Aber man muss nix neues kaufen.
Basisrahmen herstellen
Dann wurden der Bug und das Heckteil renoviert. Da diese nahezu vollständig unter der Karosse verschwinden, kann man hier recht zügig arbeiten.
Zuerst hab ich versucht das vorhandene Heckteil zu übernehmen. Dazu wurden die Nägel entfernt und auf Maß geschnitten.
Daher wurde dann ein neues Heckteil erstellt. Da ich nicht wusste, wie viele Nägel noch im Heckteil versteckt sind, hab ich dann meinem Sägeblatt zu liebe ein neues Stück Holz genommen. Man hätte das vorhandene aber auch einkürzen können.
Speziell bei solchen arbeiten. Denkt bitte immer an Eure Finger. Sicherheit geht vor.
Man sieht deutlich den Platzgewinn durch das neue Heckstück.
Beim Bug wurde das Original Element übernommen.
Da die Bauvorschrift es erlaubt eine schräge Form zu erstellen, wurde diese Möglichkeit auch genutzt.
Beispiele aus der Original Bauvorschrift
Dies hatte hier 2 Vorteile:
A) Man konnte mehr von den Seitenwänden weg schneiden.
B) Da das Bugteil recht schwer war, wird es durch ein kürzeres Z Maß (Höhe) leichter.
Nachdem die Seitenspanden aufgedübelt waren, wurden das Heck und der Bug aufgedübelt.
Natürlich hat nicht jeder solch große Spannzwingen. Alternativ kann man von unten eine Spax setzen und nachdem der Leim gezogen hat wieder raus schrauben. An der Karosse muss anschließend eh gespachtelt werden, da kommt es auf die paar zusätzlichen Löcher nicht an.
Dann wurde der obere Gurt hergestellt. Durch den Knick ab Einstieg war das etwas aufwändiger.
Obergurt herstellen
Das Bild zeigt den Stoß zum Bogenstück des vorderen Teiles. Dank der breiten Spanten kann man den jetzt geteilten Obergurt gut verbinden.
Deckplatte aufbringen
Das Bogenmaß (Aussenform der Karosse) des vorderen Teiles wurde 1:1 von der Bodenplatte kopiert.
Die Platte wurde jetzt aufgrund der angezeichneten Kontur geteilt. Im Nachgang gesehen, hätte ich mir das Teilen sparen können, da die Biegung in der Ebene (abgesenkter Bug) dann doch recht klein ausgefallen ist. Das hätte die Platte mit gemacht.
Zuvor wurden die Spaxschrauben durch Dübelverbindungen ersetzt.
Dann wurden die Holzplatten formatiert.
Nach dem Formatieren wurde noch ein Koppelstück an dem Knick (Autosprache: A-Säule) hergestellt. Dazu hab ich ein vorhandenes Holzstück mit dem Elektrohobel leicht abgeschrägt.
Dann wurden die Bauteile zusammengefügt und mit viel Leim verklebt.
Zum heften habe ich hier auch ein paar Spax gewählt. Damit konnten die einzelnen Bauteile schön zusammengezogen werden.
Seitenplatten aufbringen
Die Holzplatte so vermittelt, dass so viel als möglich Ausschnitte und Fehlstellen nachher abgeschnitten werden.
Wartungsöffnungen
Und wie man auf dem Bild sehen kann. Nachdem ich die Öffnung angezeichnet hab, wurde die dann nochmals grösser ausgeführt. Jetzt kann ich auch mit meinem kleinen Maschinchen werkeln.
Nächste war die Einstiegsöffnung. Um für den Einstieg eine Runde Öffnung herzustellen genügt eine Spax und etwas Schnur.
Die geraden Linien (in X Achse, Längs) wurden mit dem Multitool hergestellt (wird gerader). Nur der Halbkreis hab ich mit der Stichsäge gemacht. Anschließend hab ich Reststücke von unten angeleimt. Das hilft, dass man anschließend das Polster einfach befestigen kann.
Nach dem Verleimen hab ich die Überstände abgeschnitten.
2. Seite anleimen und verputzen
• Fehlstellen ausbessern
• Kante abschleifen / hobeln zur Rundung
Da an diesem Restholz ich nicht sicher war, ob da ein paar Nägel noch drin waren, hab ich das mit dem Bandschleifer durchgeführt.
Wartungsöffnungen gangbar machen
So viele Seifenkisten es gibt, so viele Lösungen für die Deckel zum befestigen gibt es. Ich habe es folgendermaßen gelöst. Ich habe mit meinem 3D Drucker Halter für Möbelmagnet hergestellt.
Streben und Seilaustritt
Bevor ich die Feinarbeiten an der Karosse durchgeführt habe, wurden noch die restlichen Karosseriedurchbrücke hergestellt.
Achsstreben herstellen
Dazu hab ich mir eine 10mm Gewindestange genommen und am Ende eine Doppelmutter aufgeschraubt. In die Doppelmutter ist ein Gewindereperatursatz eingeklebt worden, der mir das Gewinde von M10 auf M6 reduziert.
Als nächstes musste auf der Innen Seite ein entsprechendes Gegenlager geschaffen werden. Dazu hab ich mir bei einer örtlichen Schlosserei ein Abfallstück Stahlwinkel besorgt.
Feintuning
Polsterung
Die Grundkonstruktion der Seifenkiste ist ja durch die Aufdickung des Einstieges schon vorbereitet für das Anbringen der Polsterung. Ich hab mir bei einem Ausstatter Schaumstoff Reste besorgt und diese mit Heißkleber an die Aufdickung geklebt.