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Adventskalender 2013 7/24

Heinz_vom_Haff
Ehemaliges Mitglied
Gedichte und so sind ja nicht ganz mein Ding.
Deshalb stelle ich Euch unser Familienrezept für Spekulatius vor. Bzw. das, was wir Spekulatius nennen. Optisch hat er mit dem Käuflichen nichts gemeinsam und geschmacklich ist er sehr ähnlich, aber trotzdem ganz anders – schwer zu erklären, einfach zu erschmecken.

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Das Grundrezept



  • 500g Mehl (max. 100g Mehl durch Haferflocken ersetzen)
  • 1-2 gestr. TL Backpulver (knackig oder luftig)
  • 2 Eier (M oder L) – ggfs. Mehl „nachfüllen“
  • 200 g Puderzucker (oder normalen Zucker)
  • 1 gestr. TL Vanillezucker
  • 3 feingeriebene Bittermandeln oder ein paar Spritzer Bittermandelaroma
  • 250g zimmerwarme Margarine guter Qualität (die Qualität der Margarine bestimmt das Backergebnis, bei Zimmertemperatur muss sie weich und geschmeidig sein)




Die Gewürze

1-2 TL Zimt

je 2 -3 Messerspitzen

Nelken
Karadamom (gerne wird in Gourmetläden „Grüner Kardamom“ mit den nutzlosen Samenhüllen angeboten. In Deutschland gibt es aber nur Grünen Kardamom und die Schale/Hülle wird mitgewogen und mitbezahlt – ist aber unnötig. Das ist so ähnlich wie mit den „Clementinen mit Blatt“ - die schmecken auch nicht besser.)

wer will, kann ergänzen (wir tun das immer, aber manche finden das zu würzig):

je 1 Messerspitze

Piment
Koriander (meinetwegen auch 2 Messerspitzen :-))
Muskat

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Teig zubereiten
Natürlich könnt ihr auch normalen Zucker nehmen, aber mit Puderzucker lässt sich der Teig viel schneller kneten und der Zucker löst sich besser im Teig. Am Geschmack ändert es nichts, aber die Plätzchen sind irgendwie feiner in ihrer Struktur. Der Teig muss recht lange geknetet werden und löst sich irgendwann von der Rührschüssel. Ich knete ihn dann mit den Händen nochmal kurz durch. Den Teig lassen wir ungefähr eine Stunde im warmen Wohnzimmer ruhen (das ist das einzige wirklich warme Zimmer) und stellen ihn anschliessend in einem Topf für eine Nacht in den Keller. Dann hat das Backpulver Zeit, ein wenig zu arbeiten und die Plätzchen werden beim Backen recht locker. Wer den Spekulatius fester mag, nimmt nur ein halbes Päckchen Backpulver und backt die Plätzchen gleich nach einer Stunde der Ruhe.

Das Gefummel mit den Spekulatiusformen liegt mir nicht und deshalb rolle ich den Teig zu einer Wurst und schneide schmale Streifen ab, die ich mit bemehlten Händen auf 3-4mm platt drücke. Das sieht zwar nicht so schön aus, aber dafür kann ich garantieren, dass jeder Weihnachtsbesucher eine grosse Tüte Spekulatius mitnehmen kann.

Unser Spekulatius ist nicht so braun wie der aus den Geschäften. Es ist aber keine gute Idee, ihn einfach länger zu backen, weil das dem Aroma schadet. Wer es ein wenig dunkler mag, gibt ein paar TL Kakaopulver dazu. Das verändert den Geschmack ein wenig – wir mögen es lieber heller und ohne Kakao. Alternativ haben wir es mit braunem Zucker probiert – auch das geht.

Die Backzeit hängt natürlich immer ein wenig vom Backofen ab. Vorheizen. Bei 180° Ober- und Unterhitze auf dem mittleren Rost ungefähr 10 Minuten. Kontrolliert die Bräunung beim ersten Durchgang. In unserem grossen Ofen kann man ein ganzes Backblech belegen, im kleinen muss man an den Rändern ein wenig Platz lassen, weil dort die Plätzchen zu braun/dunkel werden.
Benutzt nicht die (in den meisten Fällen sowieso überflüssige) Umluftfunktion Eures Backofens, weil dadurch Aromen ausgeblasen werden.

Nach dem Backen müssen die Plätzchen auf einem Rost möglichst schnell abgekühlt werden. Einen kühlen Platz zu finden ist in unserem Haus kein Problem. Danach kommen die Plätzchen für mindestens eine Woche in eine Blechdose. Das ist wirklich wichtig. In Plastikdosen verkommen sie in kurzer Zeit zu einem pampigen Gebrösel.
Ich habe keine Ahnung, warum die Aufbewahrung in Blechdosen so wichtig ist und hielt diesen Rat früher für ein Märchen. Aber es ist wirklich so. Plätzchen gehören in eine Blechdose.
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Den Spekulatius kann man ein wenig kräftiger oder dezenter machen und mit dem Teig kannst Du nach Herzenslust experimentieren. Ein paar Anregungen aus unserer Experimentierküche möchte ich noch loswerden.

Statt der Gewürze kannst Du auch eine Tasse geriebene Haselnüsse und ein paar Spritzer Rum unterrühren und erhältst so völlig andere Weihnachtsplätzchen. Der Teig gelingt immer und ist eine tolle Grundlage für weihnachtliche Experimente mit Ingwer, Anissamen, Sternanis, Zitronenschalen und was Dir so einfällt. Manche Varianten vertragen auch eine Zuckerglasur oder können noch heiß mit Marmelade oder Nougat bestrichen werden. Beispielsweise machen wir mit dem Grundteig auch Erdnussplätzchen: eine Tasse geriebene Erdnüsse, ein wenig geriebener Ingwer und dann die noch heissen Plätzchen dünn mit Orangen oder Zitronenmarmelade bestreichen. Ingwermarmelade geht auch, mag aber hier niemand – ausser mir.

Probiert beispielsweise einmal Amaretto und einen Hauch Cayennepfeffer und überstreicht die Plätzchen mit Zartbitterschokolade oder nehmt winzige Ingwerstückchen, gemahlenen Koriander und ganz wenig milden Curry – als Überzug eine Zuckerglasur mit Ananas oder Orangengeschmack.

Auch den Teig kannst Du ändern, indem Du Mehl bis zu 20% durch Haferflocken ersetzt.

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So, und jetzt noch ein paar Worte zum Mörser und zu „Lebkuchengewürz“.

Wer Wert auf kräftige Aromen legt, kann auf einen Mörser nicht verzichten. Aber welcher Mörser ist der Richtige? Nach einigen Wirrungen mit einem Mörser aus Granit (viel zu schwer) und einem aus Edelstahl (viel zu glatt) habe ich nun einen aus Keramik. Die Innenseite und der Stössel sind nicht glasiert, dadurch kann man sehr fein mörsern. Bei hartnäckigen Gewürzen hilft es, sie vorher mit dem Kochmesser zu zerdrücken und ein paar Salzkörner in den Mörser zu geben. Das Salz erhöht die Reibekraft enorm und ein paar Körner Salz verändern den Geschmack nicht. Den Vanillezucker gebe ich zum Schluss auch in den Mörser und erhalte ein superfeines Mahlergebnis.

Du wirst schnell feststellen, dass frische und selbst gemahlene Gewürze ein deutlich stärkeres Aroma haben als die fertig gemahlenen. Dies liegt zum einen daran, dass die Gewürze sich gewissermassen selbst vor Aromenverlust schützen und zum Zweiten werden manch gemahlene Gewürze gestreckt. Bei Zimt nimmt man beispielsweise gerne gemahlene Bucheckernschalen und bei Muskatnuss die eigentlich minderwertige Muskatblüte. Die Streckung von Zimt kann man leicht unter dem Mikroskop nachweisen (Zur Mikroskopie der Bucheckernschalen als Zimt-Ersatz, Hrabowski, W., European Food Research & Technology, Januar 1951, Ausgabe 92, Issue 1, S. 27-30). Besonders preiswert und in sehr guter Qualität erhält man die Gewürze in Asialäden, in denen auch Asiaten einkaufen. Bei allen gemahlenen Gewürzen lohnt es, den etablierten Marken zu vertrauen. Aber auch hier sollte man auf der Verpackung nachlesen, ob Streckmittel verwendet wurden. Besonders beim gemahlenen Muskat muss man aufpassen, weil es einigen TV-Superköchen gelungen ist, den Verbrauchern zu erzählen, die Muskatblüte sei ein ganz besonderes Gewürz. Stimmt aber nicht. Die Muskatblüte ist die aromaschwache fleischige Schale der Muskatnuss (ähnlich wie bei der Walnuss).
Die fertigen Lebkuchengewürze kann man natürlich auch nehmen und manche sind wirklich recht gut, aber dennoch völlig anders als unsere eigene Mischung, die ehrlich gesagt bei jedem Backgang ein wenig anders ist.

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Vanillezucker ist übrigens durch nichts zu ersetzen – ausser durch Vanillezucker. Du kannst ihn ganz einfach und fast kostenlos in sehr guter Qualität herstellen. Für die paar kg Vanillepudding und die paar Liter Vanillesauce, die man im Jahr so braucht, benötigst Du ja nur die Samen aus den Vanilleschoten – es bringt überhaupt nichts, die Schoten mitzukochen. Schneide lieber die Schottenhälften von ein oder zwei Schoten in ungefähr 3 cm lange Stücke und fülle sie mit normalem Haushaltszucker in ein Glas. Schon nach einer Woche erhältst Du Vanillezucker von bester Qualität.

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So. Jetzt wünsche ich Euch noch eine schöne Adventszeit und die Zeit, Plätzchen zu backen, den Mut, mit Plätzchen zu experimentieren und die Kraft, die Plätzchen nicht sofort zu essen.

Wenn einige Back- und Experimentierergebnisse hier geposted würden, würde ich mich freuen.

PS
Wegen unserer Aktion hier, habe ich schon mal auf die Schnelle vorgebacken. Normalerweise backe ich immer am vorletzten Wochenende vor Weihnachten.
Ich hoffe daher, nix vergessen oder übersehen zu haben.
Falls doch...
Fragen?
Fragen!
🙂

Legende:
Bild 1: Weihnachtsgewürze
Bild 2: Mörsern, mörsern ...
Bild 3: fest, geschmeidig und glänzend
Bild 4: ein wenig Ruhe für den Teig
Bild 5: hektisches, händisches Plätzchenformen - das Foto danach
(unser Gaskochfeld liegt ja tiefer als der Rest der Küche. Zum Backen lege ich dann eine Platte auf das Gaskochfeld und erweitere so meinen Arbeitsbereich)
Bild 6: einige sind zu dunkel, aber es geht noch so gerade...
22 ANTWORTEN 22

keinerle
Alter Hase
Ich liebe Spekulatius!!!!

Gleich mal meiner Frau euer Rezept auf den Küchentisch legen und schauen, was sie nach dem Aufstehen dazu meint 🙂

Vielen Dank, hört sich lecker an^^

Gelöschter Benutzer
Ehemaliges Mitglied
Ich backe ja nicht und daher werde ich das Rezept sicher nicht testen. Aber Hut ab vor Deinem mehr als pünktlichen Eröffnungstermin. emoticon.teeth_smile.title

Gelöschter Benutzer
Ehemaliges Mitglied
Danke Heinz - werde ich meine Frau bitten, das einmal nachzubacken - schönes Adventstürchen.

Geronimo
Platinmitglied
hallo Heinz, ich werde auf jeden Fall das interessantkingemde Rezept von dir nachbacken.
Endlich eins, ohne Whiskey emoticon.smilie_like.title

Janinez
Diamantmitglied
klingt gar nicht schlecht und man hat nicht das Problem mit den Modeln (ich krieg da oft den Teig nicht so schön bemustert, wie ich möchte

Jupp00
Ehemaliges Mitglied
Wieder ein gelungenes Türchen, Danke für euer Familienrezept emoticon.regular_smile.title

Timo1981
Silbermitglied
Toll da hab ich viel zu lesen aber super

Woody
Platinmitglied
Super, ich liebe auch Spekulatius, allerdings sind die schweineteuer. Für das, dass ich eine Packung meistens auf einen Sitz "zusammenfresse". Sozusagen der Dragee-Keksi-Effekt ("wenn ich nur aufhören könnte").

Für mich ist das Aussehen der Backware nebensächlich, schmecken muss es. Werde dein Rezept auf jeden Fall probieren. Danke dir dafür 🙂

Fernton
Ehemaliges Mitglied
Wunderbar und stilecht in einer Dose mit Musik