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Wissen: Paletten und Palettenholz Teil 1

chief
Diamantmitglied
Paletten als Ausgangsmaterial für DIY Projekte, insbesondere im Möbelbau, sind ein mittlerweile schon fast etablierter Trend. In diesem Artikel möchte ich einige Fakten zusammentragen und ein paar Tipps geben, wie man mit Paletten erfolgreich heimwerken kann.


Warum eigentlich Paletten?
Paletten sind ein sehr preiswerter, manchmal sogar kostenloser Lieferant für rohes, zumeist unbehandeltes, Massivholz. Oft müssen sie für bestimmte Projekte nicht einmal vollständig zerlegt werden. Barregale, Kräuterständer, Couchtische und ähnliches lassen sich so mit wenig Aufwand herstellen. Unzählige Beispiele finden sich dafür im Internet.
Geht man einen Schritt weiter und zerlegt die Paletten, bekommt man ein Ausgangsmaterial aus dem man, mit dem entsprechenden Aufwand, eine Menge machen kann. Siehe hierzu auch Wissen: Paletten und Palettenholz Teil 2 „Palettenholz bearbeiten – aber wie?“

Was für Paletten gibt es?
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Einweg- und Mehrwegpaletten, letztere sind als „Europaletten“ bekannt. Während Einwegpaletten in unterschiedlichsten Größen und Macharten zu finden sind, je nachdem welches Gut darauf transportiert wird, sind Europaletten stets immer gleich aufgebaut. Nähere Details zum Aufbau und den Massen von Europaletten sind unter dem folgenden Wikipedia Link zu finden.

Wikipedia Artikel Europoolpalette

Aus welchem Material sind Paletten?
Sowohl Einweg- wie auch Mehrwegpaletten werden in der Regel aus preiswertem und weichen Nadelhölzern wie Fichte, Tanne oder Kiefer hergestellt. Das Rohmaterial enstammt oft den Ausschussproduktionen von Sägewerken, die für Ihre Abnehmer gewisse Qualitätsvorgaben einhalten müssen, z.B. für die Fertighausproduktion. Das führt dazu, dass z.B. Hölzer mit Baumkanten (sichtbare Stücke der Rinde) für die Einwegpalettenherstellung aussortiert werden. Nur selten wird man Paletten finden, die partiell aus härteren und somit auch edleren Hölzern wie Ahorn, Buche oder Esche gefertigt wurden.

Mit welchen Paletten sollte ich heimwerken?
Dies ist fast schon eine Glaubensfrage, aber es gibt sicher ein paar Faktoren, die einem bei der Entscheidung helfen. Für die Europalette spricht ihr immer gleiches Gesamtmass, ihre hohe Eigenstabilität oder auch die Masse der einzelnen Palettenbretter. Gegen Europaletten spricht hingegen, dass sie schwieriger zu beschaffen sind (siehe auch „Wo bekomme ich Paletten her?“) und die langen Umlaufzeiten, die den Paletten oft sehr zusetzen.

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Europalette mit deutlichen Gebrauchsspuren.

Als am wichtigsten jedoch sehe ich den Umstand an, dass bei gebrauchten Europaletten die Historie nicht nachvollziehbar ist. Man kann nie sicher wissen, ob damit nicht auch mal gesundheitsschädliche Dinge transportiert wurden (Pflanzenschutzmittel, Bauchemikalien usw.) oder ob die Paletten selbst einer potentiell gesundheitsgefährdenden Behandlung ausgesetzt wurden. Paletten, die zum Beispiel über den Seeweg transportiert werden, können auch zum Schutz vor Ungeziefer begast worden sein. Außerdem werden Europaletten bei Nichtnutzung oft draussen gelagert und sind so dem Wetter ausgesetzt.

Einwegpaletten sind einfacher zu bekommen und werden oft sogar kostenlos abgegeben. Sie sind zumeist wesentlich jünger, da sie oft nur einen Weg, nämlich den zwischen Absender und Empfänger, zurückgelegt haben. Ihr äußerer Zustand ist somit oft besser. Auch spielt hier für viele der „Upcyclinggedanke“ eine Rolle, denn man bewahrt einen Wertstoff vor der Entsorgung und führt ihn einer neuen Verwendung zu.
Nachteilig wirkt sich oft aber auch das geringe Alter der Paletten aus. Ihr Holz ist meist noch zu frisch für eine weitere Bearbeitung und muss erst noch einige Zeit gelagert werden.
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2 unterschiedlich alte Palettenholzbretter.

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Hier ist keine signifikante Restfeuchte mehr messbar.

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Das jüngere Brett enthält noch ca. 12 % Restfeuchte.

Die Beispielbilder zeigen zwei unterschiedliche Stücke. Das untere Brett „A“ wurde ca 6 Monate bei Temperaturen um die 15°C gelagert, das obere Brett „B“ ist erst wenige Wochen alt. Der Feuchtmesser schlägt bei dem abgelagerten Material nicht aus, das frische Holz hingegen hat noch ca. 12% Restfeuchte siehe Pfeil.
Ein weiterer Nachteil sind die vielen unterschiedlichen Abmasse. Einwegpaletten werden bedarfsgerecht gefertigt, in genau den Massen und für genau die Gewichtsbelastung, die der Versender für seine zu transportierende Güter braucht. Da können die einzelnen Hölzer durchaus auch mal deutlich dünner oder schmaler ausfallen.

Wo bekomme ich Paletten her?
Europaletten haben einen festen Gegenwert, sie rotieren in einem Pfand- und Tauschsystem durch unseren Wirtschaftskreislauf. Wird eine beladene Europalette bei einem Empfänger angeliefert muss er im Gegenzug eine Leerpalette abgeben. Kostenlos an Europaletten zu gelangen ist deshalb nicht so einfach. Mittlerweile haben viele Baumärkte den Trend aber erkannt und bieten diese, teils sogar in bunten Farben lackiert, ihren Kunden an. Die dafür ausgelobten Preise sind aber zum Teil recht hoch, auch verglichen mit anderen Holzprodukten, wie z. B. Leimholz.
Mit Einwegpaletten sieht das anders aus. Sie werden vom Empfänger zumeist als Abfall angesehen und müssen entsorgt werden. Deshalb geben viele diese gerne kostenlos an Interessierte ab. Es lohnt sich also durchaus vor Ort mal bei diversen Einzelhändlern, Handwerksfirmen oder Industriebetrieben nachzufragen. Bei letztgenannten kann es schwieriger sein, da diese oft ungern betriebsfremde Personen auf ihren Firmengeländen haben. Bei Einzelhandelsbetrieben herscht hingegen sowieso Publikumsverkehr. Gute Erfolgsaussichten versprechen Möbelhäuser, Elektromärkte und Pflanzenmärkte. Bäumärkte zeigen sich oft nicht so spendabel, wenn sie Europaletten auch im Sortiment führen und lieber etwas verkaufen wollen, anstatt etwas zu verschenken. Paletten, auf denen Baustoffe transportiert wurden, sollte man auch lieber meiden. Sie sind oft mit Kalk-oder Zementstaub überzogen. Das ist wenig gesund und ruiniert einem bei der Bearbeitung oft das Werkzeug.
Für beide Palettenarten sind auch Kleinanzeigen eine gute Bezugsquelle

Palettenprojekt oder Palettenholzprojekt?
Es gibt eine -wenn auch inoffizielle- Unterscheidung zwischen „Palettenprojekt“ und „Palettenholzprojekt“.
Palettenprojekte sind DIY Projekte, bei denen Paletten als ganzes in verschiedenen Stückzahlen verwendet werden, bzw. die Paletten nur wenig bearbeitet sind. Klassische Beispiele sind:

  • Eine einzelne Palette wird mit 4 Rädern und einer Glasplatte versehen wird zu einem Couchtisch.
  • Eine Palette wird halbiert und die Hälften aufrecht gestellt. Eine weitere Palette wird oben aufgesetzt und die Lücken zwischen den Längshölzern gefüllt. So bekommt man einen kleinen Schreibtisch.
  • Eine auf die Längskante gestellte Palette wird zu einem Pflanzenregal. Dafür müssen nur die Distanzklötze mit zusätzlichen Brettern verbunden werden, so dass eine Reihe kleiner, nach oben offener Kästen entsteht. Diese werde dann mit Teichfolie ausgekleidet oder direkt kleine Blumentöpfe hinein gestellt.
  • Terrassen können aus Paletten recht einfach und kostengünstig erstellt werden. Man schraubt diese in der gewünschten Menge und Größe aneinander und beplankt anschliessend die Oberflächen mit Terrassenholz, WPC oder vergleichbarem Material. Alternativ kann man auch hier die Lücken zwischen den Längshölzern verfüllen (z.B. mit Dachlatte). Die Nachteile dieser Terrassenbauten sind jedoch vielfältig. Man hat durch die Höhe der Palette eine vorgegebene Bauhöhe, ein Gefälle lässt sich nur schwierig gestalten und die Drainage unter den Paletten ist (vorallem bei Betonuntergründen) oft mangelhaft. Dazu kommt noch eine eher kurze Lebensdauer, da das Palettenholz – ganzjährig dem Wetter ausgesetzt – anfängt zu faulen.

Diese Palettenprojekte entstehen zumeist aus Europaletten. Um bei Möbeln, insbesondere im Innenbereich, die Verletzungsgefahr zu minimieren, sollte man die Oberflächen zuvor gründlich abschleifen. Hier ist ein Bandschleifer oder ein Exzenterschleifer das richtige Werkzeug. Unabdingbar ist es hierbei eine Staubschutzmaske zu tragen, denn der entstehende Schleifstaub ist, wenn es sich nicht gerade um fabrikneue Paletten handelt, sicher nicht gesund. Am Ende wird die Palette auch für den Laien immer noch als solche erkennbar sein, oft auch an den noch sichtbaren Bestempelungen. Selbst die Behandlung mit Lacken oder Farben ändert daran wenig. Lediglich Terrassenbauten zeigen meist ihre Materialherkunft nicht so offensichtlich.

Bei Palettenholzprojekten verhält es sich elementar anders. Hier dienen die Paletten ausschliesslich als Materialspender und nicht als Konstruktionselement. Sie werden zerlegt, schlechtere Teile werden aussortiert, der verbleibende Rest wird aufgearbeitet und zu neuen Projekten zusammengesetzt. Hier sind die Gestaltungsmöglichkeiten für den Heimwerker fast unbegrenzt. Von einer simplen Garderobenleiste über eine Essecke bis zum kompletten Gartenhaus ist hier nahezu alles denkbar.

Fortsetzung im Wissensartikel Paletten und Palettenholz Teil 2
14 ANTWORTEN 14

Bine
Diamantmitglied
Ein Top Wissensartikel der mich auch sehr interessiert weil ich überwiegend Palettenholz verarbeite . Hier fehlt es an nicht . Super Reinhard emoticon.smilie_like.title

3radfahrer
Diamantmitglied
Sehr gut geschrieben, mit sehr vielen Details.

Janinez
Diamantmitglied
Vielen Dank für die ausführlichen Info´s

fuffy1963
Diamantmitglied
Das nenne ich mal einen wirklich gelungenen Wissensartikel. Da merkt man, das du dir echt viele Gedanken über den Aufbau gemacht hast. Machte Spaß ihn zu lesen

Janinez
Diamantmitglied
ich werde mich gleich über den 2. Teil hermachen

martinBit
Alter Hase
interessant, mit Paletten hatte ich nie gearbeitet, weil man nie weiss was sie transportiert haben

Rainerle
Diamantmitglied
Danke Reinhard fur den gelungenen 1. Teil. Den 2. lese ich sogleich.

Kartoffelheld
Silbermitglied
Ebenfalls ein wirklich runder Wissenartikel! emoticon.smilie_like.title

Holzpaul
Goldmitglied
Hallo Reinhard, toller Wissensartikel. Wir haben uns erst kürzlich zu diesem Thema persönlich ausgetauscht. Ich finde auch das ein Palettenprojekt und ein Palettenholzprojekt ein gewaltiger Unterschied ist.emoticon.smilie_like.title
LG Paul