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Der 1-2-do Adventskalender 2018 - [[ Tür 5 ]]

chief
Diamantmitglied
Eine kleine Geschichte von einer hölzernen Krippe

Diese Zeilen sind nicht ausgedacht, sondern alles trug sich dieses Jahr tatsächlich so zu. Der Hauptakteur dieser kleinen Geschichte ist ein Stück Lindenholz, Größe ca. 35 x 20 x 10 cm. Wahrscheinlich ist es schon viele Jahrzehnte her, da hat sich ein begabter Mensch ans Werk begeben und in besagtes Stück Lindenholz die berühmte Krippenszene mit all ihren Protagnisten hineingeschnitzt. Maria und Josef, Ochs und Esel und natürlich auch das Jesuskind. Feinstes Kunsthandwerk,von Menschenhand ersonnen und geschaffen, bar jedem technischen Fortschrittes: Lasercut und CNC haben in dieser Geschichte keinen Platz. Wer dieser Mensch war, das weiß heute niemand mehr. Aber gerne möchte ich Euch erzählen, wie und warum dieses kleine Stück Lindenholz zu mir kam.

Am Anfang war das Feuer. Genauer gesagt war es ein Zimmerbrand. Opfer dieses Infernos war eine Bekannte meiner Mutter. Glücklicherweise blieb der Brand ohne menschliche Opfer, doch der Sachschaden war verheerend. Auch unsere kleine Schnitzarbeit zählte dazu. Das Feuer ließ sie zwar nicht zu Asche werden, doch wurde es völlig verrußt. Die gesamte Oberfläche war nicht mehr die eines in Würde gealterten Stück Holzes, sondern glich vollends dem eines Briketts.

Die Bekannte meiner Mutter ertrug den Anblick nicht, brachte es aber auch nicht übers Herz, die ehemals so ansehnliche Schnitzerei zu entsorgen. Sie entsann sich jedoch, dass meiner Mutter die Krippenszenerie immer so gut gefiel, wenn sie zu Besuch war. Also schenkte sie ihr kurzerhand das gute Stück, wohl in der Hoffnung, dass es irgendwie und von irgendwem zu neuem Leben erweckt werden würde.

Der geneigte Leser wird es schon ahnen, beim nächsten elterlichen Besuch gelangte die Krippe in meine Hände. Ob ich das denn nicht restaurieren oder wenigstens reinigen könnte? Zeit hätte ich genug...nur bis Weihnachten sollte es natürlich fertig sein. Wer bin ich, dass ich gegen das vierte Gebot verstoße? Also ab in die Werkstatt damit. So ein bißchen Ruß wird doch wohl keine große Herausforderung sein. Hochdruckreiniger angeschlossen, die Krippe sicher an der Bordsteinkante fixiert und Wasser marsch! Nach 10 Minuten Hochdruckdusche eine erste Bestandsaufnahme und die Erkenntnis, dass die letzen 10 Minuten nur eine Verschwendung von Wasser und Strom gewesen waren, verbunden mit der unfreiwilligen Horizonterweiterung, dass rohes Lindenholz und zimmerbrandbedingter Ruß zur einer Symbiose fähig sind, die auch ein schnöder Hochdruckreiniger nicht zu trennen vermag. Oder einfach ausgedrückt – das war wohl nichts!

Rückschläge sind nur Boxenstops auf dem Weg zum Erfolg. Ich griff also zu Seifenlauge und Topfschwamm mit dem gemischten Gefühl, dass das jetzt wohl länger dauern könnte. Die gute Nachricht nach den ersten Versuchen war, dass es erfolgreicher war als mit dem Hochdruckreiniger. Die tiefschwarze Rußschicht verwandelte sich partiell in eine eher mittelschwarze und unterm dem Mikroskop wäre der Abtragserfolg sicher auch in beeindruckender Art und Weise zu erkennen gewesen. Mit bloßem Auge jedoch - und dass ist am Ende entscheidend - blieb die Krippenszene immer noch kohlrabenschwarz.

Es folgte nun das Eingeständnis, dass zu fragen, wenn man nicht weiter weiß, keine Schande ist. Und wenn man nicht weiß, wen man fragen soll, fragt man die Welt. Die Welt wird in dieser kleinen Geschichte von einer Institution namens Google repräsentiert. Wie man Ruß und Brandspuren von Holz entfernt, schien kein neues Problem zu sein, denn die Suchmaschine offferierte mir durchaus Vorschläge wie man mit Drahtbürsten, Schleifmitteln und anderem schweren Gerät jahrhunderte alte Brandspuren aus dem Gebälk nierdergebrannter Immobilien entfernt. Nur hatte wohl niemand der Betroffenen die Idee gehabt vor dem ersten Auflodern der Flammen eine Lindenholzkrippe in die Räumlichkeiten zu verbringen, um auf diese Weise Erfahrungen zu sammeln, von denen ich nun hätte profitieren können. Oder einfach ausgedrückt – auch das allwissende Orakel namens Google half mir nicht wirklich weiter. Und die vorgeschlagenen Methoden mit rotierenden Drahtbürsten erschien mir selbst als Ultima Ratio zu rabiat.

Ich habe einen kleinen Spleen. Ich weiß nicht genau wieso, aber oft kommen mir die besten Ideen, wenn ich morgens unter der Dusche stehe. Und so sollte es auch dieses Mal sein. Wann hast Du das letzte Mal Ruß von einer Oberfläche entfernt? ...mmmh...letzten Herbst, als ich den Rost von unserem Grill gereinigt habe. Und zwar mit ….



...Backofenspray!


Dieser plötzliche Gedankenblitz schien es wert zu sein, ausprobiert zu werden. Also beim nächsten Werkstattaufenthalt die Sprühdose mit dem Backofenreiniger hervorgekramt, die sonst immer dann zum Einsatz kommt, wenn ich verharzte Sägeblätter reinigen möchte. Aus Sorge, mit der chemischen Keule mehr Schaden als Nutzen anzurichten, studierte ich zunächst einmal die Liste der Inhaltsstoffe. Da ich in Chemie immer nur eine Gnaden-Vier von meinem Lehrer bekam, konnte ich mein Unverständnis über die aufgelisteten Ingridentien nur mit einem überzeugendem „der weiß genau was er tut“ Gesichtsausdruck kaschieren. Alles in allem las es sich wie die Inhaltangabe von Vollwaschmittel und was mir unbekannt und damit potentiell gefährlich erschien, wurde mit einem lapidaren „einfach nicht zu lange einwirken lassen“ abgetan.
Also vorsichtig eine kleine Ecke eingesprüht, ein Blick auf die Uhr geworfen und nach bereits fünf Minuten mit einem nassen Schwamm den Schaum entfernt.
Wäre diese Geschichte ein Film, würde jetzt im Hintergrund ein 90 Mann Orchester ein Heldenthema intonieren. Denn was sich mir zeigte war, was ich erhofft hat: Holz! Die eingeschäumte Testecke der Krippenszene verwandelte sich tatsächlich von Zechensterben-Gedächtnisschwarz in den mittelbraunen Farbton eines alten Stück Lindenholzes. Der plötzliche Erfolg beflügelte mich nachgeradezu. In den nächsten Tagen erlebte die geschnitze Krippe einen sich ständig wiederholenden Reigen von Backofenspray, Schwamm und Wasser. Schlussendlich waren es sicher ein Dutzend dieser Durchgänge, begleitet von Bemühungen mit Zahnstocher, Pinzette und Wattestäbchen auch aus den noch so kleinen Ritzen den Ruß zu entfernen. Irgendwann war dann der Punkt erreicht, den jeder von uns beim Basteln schon erlebt hat. Nämlich der, an dem man zu sich selbst sagt: „Besser geht es nicht“! Und damit wurde die Restaurierung für beendet erklärt. Die nun mittlerweile wieder in hellem Holz erstrahlende Krippe bekam noch ein Finish mit Leinöl mit abschliessender Politur.

Meine Mutter hat sich erwartungsgemäß sehr gefreut, die Krippenszenerie in dem von mir hier so wortreich beschriebenem Zustand zurück zu erhalten. Mein Vater, der natürlich wissen wollte, wie denn das vonstatten gegangen sei, kommentierte meine Antwort „Backofenspray“ mit einem „Auf die Idee kannst auch nur Du kommen...“

Epilog
Ich hoffe, dass Euch meine kleine und wahre Geschichte gefallen hat. Im Nachhinein habe ich mich geärgert, dass ich kein Projekt daraus gemacht habe, aber als ich die Idee erst mal hatte, war es schon zu spät, um noch aussagekräftige Vorher-Nachher Bilder zu machen. Das einzige Bild, das ich gemacht habe, zeigt die bereits mehrfach gereinigte Krippe vor dem Finish. Die Ritzen und Ecken sind hier noch ungereinigt und vermitteln vielleicht, wie die Krippe vor der Restaurierung aussah.


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31 ANTWORTEN 31

MMos
Alter Hase
Eine tolle Geschichte, Backofenspray, das muss man sich merken - 5D

Rainerle
Diamantmitglied
Ich habe schon gespickt, es ist noch nicht der 5.12.
Aber es hat sich gelohnt. Eine tolle Story mit einem fulminanten Schlussakkord.

Wow! Das hat sich gelohnt! Ein echtes Schmuckstück, ein Meisterwerk!

Ein tolles Türchen! Für mich bisher Platz 1!

Lissy55
Platinmitglied
Ja, ich finde auch, das sich das Lesen und vor allem die viele Mühe gelohnt hat.
Es ist eine richtige Weihnachtsgeschichte, mit Happy End.
Vielen Dank dafür.

Janinez
Diamantmitglied
Auf die Idee muss man erst mal kommen. Ich bin eh verwundert, dass Du die Schnitzerei wieder so hingekriegt hast, ich hätte gedacht, da wären keinerlei Feinheiten mehr zu sehen. Hut ab - und es ist eine tolle Geschichte

Trixi
Goldmitglied
Deine Geschichte und vor allem das Ergebnis gefällt mir sehr. Deine viele Arbeit und dein Durchhaltevermögen haben sich gelohnt. emoticon.smilie_like.title Schönes Türchen. Danke emoticon.regular_smile.title

3radfahrer
Diamantmitglied
Schöne Geschichte, mit einen Happyend.

ferdi_007
Goldmitglied
An dir ist wirklich ein Meister der Kurzgeschichte verloren gegangen, wunderbare Geschichte.

Maggy
Diamantmitglied
Die Geschichte passt wirklich zu 100% zu Dir. Das hast du sehr schön erzählt undf man kann sich das gut bildlich vorstellen, wie du da herumprobiert hast. Das Ergebnis hat sich wirklich gelohnt. Vielen Dank für das schöne Türchen. 🙂

Nachtuebernahme
Goldmitglied
Es zeigt sich mal wieder: Auch, wenn etwas aussichtslos erscheint - mit Hartnäckigkeit, Ideenreichtum und einer Portion Mut findet man in fast allen Fällen eine Lösung!
emoticon.smilie_schild-danke.title für dein tolles Türchen!