Werkzeuge für Heim & Garten

Individuelle Sitzbank aus Weißtanne


  • Skill level
    Normal
  • Costs
    500 €
  • Duration
    Mehr als 4 Tage

In den letzten Monaten hatte ich eine Kreativpause eingelegt und kann Euch nun von dem aktuellen (nicht ganz so kleinem) Projekt berichten.
Ich wurde gefragt, ob ich nicht eine Sitzbank für eine orthopädische Praxis bauen könnte. Bisher gab es um Wartebereich nur Stühle und eine Nische, die für eine Bank prädestiniert ist.
Da in der gesamten Praxis Weißtanne als Holz genommen wurde, sollte auch diesmal diese sehr empfindliche aber überaus schöne Holz zum Einsatz kommen.
Es hat länger gedauert als erwartet, aber seht und lest selbst...

Du brauchst
  • Plattenmaterial
  • Auszugsschienen von Blum
  • Schublade Seite
  • Schubladenboden
  • Aluschienen
  • Schrauben
Schritt 1 10

Planung

Eine gute Planung ist die Grundlage für ein gutes Projekt. Einerseits spielt man im Kopf schon die ersten Arbeitsschritte durch, andererseits vergeudet man nicht unnötig Ressourcen bis zur Fertigstellung des Möbelstücks. Aus dem Vollen schöpfen kann ja jeder.

Nach einiger Abstinenz habe ich mal wieder Sketchup als Tool für mich entdeckt. Dabei musste ich feststellen, dass es nur noch als Onlinevariante verfügbar ist.... naja, Google will halt immer alles wissen.
So konnte ich mir aber ein recht gutes Bild von den Proportionen machen.

Schritt 2 10

Die Lieferung und der Zuschnitt des Basismaterials

Es ist schon ein wenig schwierig, geeignetes Material zu bekommen. Meine Anforderungen waren: Weißtanne, mindestens 25mm stark und durchgehende Lamellen. Weißtanne kommt im Schwarzwald und vor allem in Österreich vor. Nach einiger Recherche konnte ich einen Händler in Süddeutschland finden, der meine Erwartungen zunächst getroffen hat. Insgesamt musste ich jedoch 4qm bestellen - 1qm mehr als ich eigentlich benötigt hätte. Das war am Ende auch gut so, aber dazu später mehr.

Der Versand und die Verpackung war eine recht kostspielige Angelegenheit. Immerhin musste eine Spedition eine 4x1m große Platte quasi exklusiv auf einem LKW transportieren. Angekommen und abgeladen wurde die Platte in Augeschein genommen. Leider waren an etlichen Stellen tiefe Eindrücke, unschöne Stellen und teilweise auch Verfärbungen. Ich habe rund 3 Stunden nur damit zugebracht, den Schnittplan entsprechend anzupassen. Außen sollten keine Macken zu sehen sein. Die Lamellen sollten vorne an der Sichtkante schön sein, und die Maserung um die Gehrung fortlaufend. Immerhin hat mir der Händler noch 20% Rabatt auf die Platte gewährt, so dass ich mit einem ordentlichen Verschnitt mein Projekt durchführen konnte.

Der Zuschnitt erfolgte recht schnell - dank Tauchsäge mit langen Führungsschienen. Zunächst wurde alles nur grob auf Maß geschnitten, wobei die Kanten schon als Referenz dienen sollten.

Ingesamt war ich einen ganzen langen Nachmittag mit der Aktion beschäftigt.

Schritt 3 10

Ab in die Werkstatt damit - Zuschnitt

Nach dem ersten groben Schnitten in meiner Einfahrt konnten die nun etwas handlicheren Teile in die Werkstatt umziehen. Die Platten wurden nochmal gesichtet und auf die Breiten und Längen beschnitten plus ca. 0,5mm, die später durch Schleifen noch zusätzlich abgetragen wurden.

Schritt 4 10

Gehrungen und kein Ende

Die Sitzbank sollte von vorne eine an der Kante umlaufende Gehrung haben. Dank einer guten Tauchsäge aus dem Schwabenländle und optimaler Einrichtung war dies schnell an der Kante erledigt.
Kniffliger war die Mini-Gehrung, die aufgrund des Vorstands in der Mitte der Sitzfläche entstehen sollte. Hier konnte die Gehrung nur auf ca. 10cm eingeschnitten werden. Da die Säge immer einen kleinen Bereich übrig lässt, war hier Handarbeit angesagt. Das Mittelbrett hat ebenfall eine kleine Gehrung erhalten, dann aber auch eine flache Seite, die direkt unter das obere Brett geleimt werden sollte. Es dauerte einige Durchgänge mit teils 1/10 mm Schritten, bis einerseits die Gehrung perfekt und die Auflage der flachen Seite optimal gepasst hat. Das Ergebnis war mehr als zufriedenstellend.

Hier war die besondere Herausforderung, dass ich aus dem sehr großen Brett den Teil erwischen musste, der von der Maserung her perfekt auf den mittleren Teil der Sitzfläche gepasst hat. Grtreu dem Motto: Ästhetik fällt nur dann auf, wenn sie fehlt.

Schritt 5 10

Lamello ist kein spanischer Tanz

Was wäre die Welt ohne sichere Verbindungen? Nichts!
So auch im Möbelbau - am 8. Tag erschuf Gott die Tischlerkekse, bzw. Lamellos.
Zum Glück besitze ich eine Lamellofräse von Dewalt, die sehr präzise ist und so konnten die Gehrungsschlitze sauber eingefräst werden. Das sollte beim späteren Zusammenleimen eine deutliche Hilfe darstellen. Kein Verrutschen, geschlossene Fugen und vor allem eine stabile Verbindung, die auch in 20 Jahren noch halten wird.
Die senkrechten Stützen wurden ebenfalls mittels Hilfsschiene eingefräst, so dass auch hier kein Verrutschen bei der Leimerei möglich war.
Natürlich wurden auch die Schubladenkästen mit Lamellos (Größe 0) genutzt. Hier war nur das Problem, dass ich die Seitenteile mit einem Abstandshalter in die gewünschte Position bringen. Ein paar Tests und dann war das Ergebnis präzise - ein Traum.

Schritt 6 10

Druck und Leim

Zwingen - man kann nie genug davon haben. Speziell, wenn man mehrere Schubladen gleichzeitig leimen muss oder den Korpus in einem Rutsch verleimen will

Zum Glück hatte ich einige gute Zwingen.
Dank der recht langen Offenzeit des D3 Leims war der Rest einfach.

Schritt 7 10

Schubladen

Die Schubladen wurden auf Blum Vollauszügen gelagert. Deren Positionierung war nicht ganz einfach, da die Schubboxen eher hoch als Tief waren. So sind wenige Zehntelgrad an Versatz direkt sichtbar.
Auch das Material war ein wenig schwierig. Es lässt sich kaum vermeiden, dass es immer mal wieder Ausreisser gibt. Zum Glück waren diese nicht sichtbar, da im Inneren des Auszugs.

Der Korpus einer Schublade war aus Birke Multiplex. Die Front wurde in Weißtanne gemacht und zwar so, dass eine durchgängige Maserung zu sehen ist, so dass sich das Auge nicht an plötzlichen Maserungswechsel stören würde.

Die Griffe waren ein wenig aufwändiger.
Diese sollten in die Front eingelassen werden. Im Grund ist es ganz einfach: Schablone bauen, Fräse mit Nutfräser und zentriertem Führungsring ausstatten, Tiefe bestimmen und alles fräsen.
Die Befestigung der Muldengriffe erfolgt von hinten. Damit die Schraubenköpfe nicht hervorstehen, habe ich die Griffe zunächt eingepasst und dabei kleine Drahtstifte aus Dachpappnägeln in die Gewindeöffnung gesteckt. So konnte ich sehen, wo ich die Front durchbohren musste. Um die Schraubenköpfe zu versenken, habe ich einen 10mm Forstnerbohrer mittels Schablone mittig auf die gebohrte Öffnung gelegt und einfach 1-2mm tief gebohrt. So kann der Griff befestigt werden und die Schraube ist vertieft auf der Rückseite, die man ja nicht sieht.

Da die Front quer zur Faser montiert wurde, muss ich auch in den Korpus ein Langloch fräsen. Das geschah bevor der Boden eingelassen wurde.

Schritt 8 10

Fräsen und Schrauben

Holz arbeitet ja bekanntlich, d.h. es schwindet und es quillt. Das musste ich in besonderer Art auch hier berücksichtigen.
Der Sockel sollte aus Aluschienen bestehen. Damit steht die Bank ein wenig sicherer auf dem Boden und es bietet einen zusätzlichen Schutz, wenn man feucht gewischt wird und sich zu viel Wasser unter dem Sockel bilden würde.
Alu schwindet nicht - zumindest nicht so wie Holz. Aus dem Grund musste ich sog. Langlöcher in die Schienen fräsen. Das wurde mittels Schiene und 4mm Nutfräser und Senkkopffräser erledigt. Eine ziemliche Schweinerei, da die Späne nicht sonderlich gut aufgesaugt werden konnten.

Das Ergebnis war trotzdem gut und nun kann der Sockel ein paar Millimeter in jede Richtung größer oder kleiner werden, ohne dass das Holz reißen würde. Im Anschluss wurden die Aluschienen noch mattiert, um ein seidenmattes Finish zu erzeugen.

Schritt 9 10

Schleifen und Finish

Schleifen, läckieren und nochmals Schleifen.
So lange, bis man mit dem Ergebnis zufrieden ist. In dieser Phase bekommt das Schmuckstück seinen letzten Schliff... im wahrsten Sinne des Wortes.

Meine Rotex war und ist mein treuer Begleiter, was irgendwelche Schleif. oder Polierarbeiten angeht. Zunächst kam der Grobschliff mit 80/120er Körnung und dann ging es mit 180er Papier an die Feinheiten.
Für die Lackierung habe ich diesmal ein Produkt von Hesse Lignal gewählt. Ein Zweikomponentenlack, der sehr hart wird und sehr beständig ist gegen fast alles, was man handelsüblich an Putzmitteln findet. Ich hatte eine Wagner Feinsprühpistole und damit ging die Lackierung sehr schnell. Leider verteilte sich ein wenig Sprühnebel auch in der Werkstatt... naja, es war Klarlack, so dass man es nicht wirklich sieht. Und wer fährt schon mit den Fingerkuppen über den Fliesenboden....

Nach kurzer Trocknungsdauer wurde alles angeschliffen und ein zweites Mal lackiert. Zum Abschluss gab es noch eine kleine Politur, so dass die Oberfläche schon glatt wurde. Seidenmatt war der gewählte Glanzgrad.

Schritt 10 10

Zusammenbau und Auslieferung

Die einzelnen Schubladen und der Korpus passten alle wunderbar ins Auto. Die maximale Länge war ja auch nur 185cm.
Am Ort angekommen, war es eine Sache von wenigen Minuten. Alles hat gepasst: die Aussparungen für die Sockelleisten, die Länge, die Breite usw. Die Terrassentür ließ sich gut öffnen. Die neue Besitzerin war und ist happy, dass ihre Kunden auf dieser Bank Platz nehmen können.
Angefügt sind noch ein paar Impressionen und Details.

Es sind die Projekte wie dieses, woran ich sehen und fühlen kann, was für ein wunderbarer Werkstoff Holz doch ist.


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